„Wollen Sie eine Visitenkarte?“ – ich bin der Künstler. Vor uns steht Christian Lehner, jener Künstler, dessen „Traummann“, ein muskulöser Männerakt auf monochromem Hintergrund, die Plakate von „sexy“, der neuesten Ausstellung der Gugging Galerie ziert. In seinem kosmisch-bunt- gemusterten Sakko blickt er zu Boden und drückt uns sein Kärtchen in die Hand. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet er in Gugging. Im Laufe des Abends kommt er öfter vorbei. 

„Hier können die Künstler so sein, wie sie sind. Hier werden wir nicht ausgelacht – das macht mich nämlich immer so wütend …“, erzählt uns Johann aka Flashpure, auch er ist Künstler. Sein Gesicht ist hinter – seinem Markenzeichen – einer Maske aus Nieten, Spiegeln und anderen „objets trouvés“ versteckt. Er ist erst seit ein paar Monaten hier. Vorher war er auf Entzug. Aber hier werden seine Masken erstmals als Kunst wahrgenommen – nicht belächelt wie so oft vorher.

Seit den 1980ern zählt Gugging mit seinen „Gugginger Künstlern“ zu den international bekanntesten Orten für ART BRUT. Im „Haus der Künstler“ leben und arbeiten die Künstler. Auch heute spürt man an diesem Ort die Geschichte noch vibrieren. Schon allein das „Haus der Künstler“ ist ein Kunstwerk für sich: die bemalten Fassaden der international erfolgreichen Gugginger Künstler*innen wie Oswald Tschirtner, Johann Garber, Philipp Schöpke und anderen oder auch August Wallas, von der Decke bis zum Boden, bunt bemaltes Zimmer, sind stumme Zeugen der Vergangenheit.

Die Anfänge reichen bis in die 1950er zurück, als der Psychiater Leo Navratil bei einem zu Therapiezwecken durchgeführten Zeichentest das außergewöhnliche Talent einiger seiner Patient:innen erkannte. In den 1960er-Jahren knüpfte er Kontakt zu Jean Dubuffet, dem Begründer der Art Brut, der die Werke der Gugginger Künstler:innen als Teil dieser ursprünglichen, nicht-akademischen Kunstform anerkannte. Er legte damit den Grundstein für eine Künstlerbewegung, die heute international anerkannt ist und mittlerweile Rekordpreise erzielt.

In der kürzlich eröffneten Frühlingsausstellung der @gugging.galerie, die – was viele nicht wissen – im Besitz der Künstler ist und durch deren Verkäufe auch finanziert wird, treffen sieben einzigartige Künstler:innen aufeinander und entführen in erotische Welten.

Die Ausstellung „SEXY“ ist noch bis 11.5.2025 zu sehen!

Alle weiteren Infos: www.galeriegugging.com